Leserzuschrift an Eva Herman:
Sehr geehrte Frau Herman,
vor kurzem nahm ich an einer Kreistagssitzung in unserem Landkreis als Besucherin teil.
Der Landrat gab im ersten Punkt die Ankunft neuer Asylanten bekannt, die auf drei Einrichtungen verteilt werden. Gleichzeitig sprach er einen gebührenden Dank an die anwesenden Pressevertreter aus, dass die Presse darüber nicht berichtet, um die Unterbringung nicht zu gefährden.
Die Presse hält sich bei uns daran, ist doch die Ehefrau des Verlegers gleichzeitig 3. Landrätin.
Da unser Landkreis dank Wirtschaftsstandort zu den vermögenderen zählt, können die Asylanten in neu erbauten Unterkünften untergebracht werden. Zahlen muss es aber trotzdem die Allgemeinheit.
Für "persönliche Dinge" der Asylanten wurde in einem der nachfolgenden Tagesordnungspunkte ein Nachtragshaushalt über mehr als 1 Mio. genehmigt. Die Zustimmung zu diesem Nachtragshaushalt fiel unter allen (!) Parteien einstimmig aus. Die Nachfrage eines Kreistagsmitglieds, was unter "persönliche Dinge" zu verstehen sei, konnte nicht konkret beantwortet werden, ergäbe sich allerdings aus der Verpflichtung durch die Bundesgesetze.
Anschließend wurde die finanzielle Lage unserer Krankenhäuser erörtert und weitere (!) Sparmaßnahmen in Aussicht gestellt. Das bedeutet auf der einen Seite sparen, auf der anderen Seite Bewilligung eines nicht unerheblichen Nachtragsbudgets.
Das ehemalige Jugendbildungshaus, das zwischenzeitlich zur Unterbringung von Asylanten genutzt wurde, muss grundsaniert werden. Dann wurde in Aussicht gestellt, könne man es wieder seinem eigentlichen Zweck für die örtlichen Jugendverbände zurückführen. Die Kosten dafür wurden nicht beziffert.
Ich kann jedem Bürger und jeder Bürgerin nur empfehlen, am öffentlichen Teil sowohl von Kreistags- oder Stadtratssitzungen teilzunehmen. Denn über die Presse erfährt man nur die geschönte Wahrheit. Außerdem ergeben sich am Rande solcher Sitzungen interessante Gespräche.
Mit freundlichen Grüßen