Wir fanden diesen Kommentar von Boris Reitschuster
lesens- und nachdenkenswert.

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Liebe Leserinnen und Leser,

wenn man die Wassertemperatur langsam erhöht, merken Frösche nicht, dass sie gekocht werden, besagt eine alte Redensart. An die musste ich kürzlich bei einem Besuch im wunderschönen Kroatien denken. 

Ich war baff, wie offen die Menschen dort über Themen reden, die in Deutschland tabu sind. Und über die in Deutschland viele nur hinter vorgehaltener Hand oder – mit Fremden zumindest – gar nicht sprechen. 

Deutschland gilt für viele Menschen in Kroatien inzwischen als abschreckendes Beispiel. Zumindest was die Einwanderungspolitik, Gewalt, Kriminalität und die gesellschaftliche Entwicklung angeht. Als ich meinen Gesprächspartnern von den Auswüchsen der „Wokeness“-Ideologie erzählte, entlockte ich ihnen immer wieder ungläubiges Erstaunen. Und Entsetzen.

Früher waren Italien und Deutschland für sie Sehnsuchtsorte, erzählte mir eine Kellnerin, die ungeschminkt in jeder Schwejk-Verfilmung als solche hätte mitspielen können: „Heute bin ich froh, wenn ich nicht hin muss und sage mir: ich will nicht, dass Kroatien so wird.“ 

Aus wirtschaftlichen Gründen kommen zwar viele Menschen aus dem früheren Jugoslawien auch heute noch nach Deutschland oder in andere Länder der EU. Spätestens nach einigen Monaten sind sie dann aber in der Regel ernüchtert. Die aktuelle Realität ist vor allem im Falle Deutschland eine ganz andere als die durch Jahrzehnte geprägten Vorstellungen von einem Wirtschaftswunderland, in dem die sprichwörtliche „deutsche Ordnung“ herrscht.

Großes Entsetzen herrschte bei allen meinen Gesprächspartnern in Kroatien auch über die Euro-Einführung am 1. Januar. Die Preise sind, wie schon vorab befürchtet, massiv angestiegen. Viele Unternehmen versuchen sich eine goldene Nase zu verdienen durch den Umstieg.

Die Gespräche in Kroatien haben mir drastisch vor Augen geführt, wie sich die EU von einer großen Idee, hinter der ich nach wie vor stehe, in ein Bürokratie-Monstrum verwandelt hat, das den Menschen Angst macht. 

Der Kontrast zwischen Deutschland und dem Adria-Staat ist gewaltig. „Das ist hier so, wie es in Deutschland vor 20, 30 Jahren war“ – dieser politisch unkorrekte Gedanken kam mir immer wieder in den Sinn. Ich fühlte mich wie in meine Kindheit oder Jugend zurück versetzt. Auch nachts fühlt man sich auf den Straßen sicher. Auch Frauen und Kinder können gefühlt zu jeder Uhrzeit ohne jede Angst allein durch die Stadt.

Umgekehrt hat Kroatien bei den Corona-Maßnahmen oft nur pro forma mit gemacht. Offiziell brauchte man dort etwa vor einem Jahr eine Test- oder Impfbescheinigung zur Einreise, und es herrschte Maskenpflicht. Praktisch fragte niemand nach Test oder Impfung, und man sah mehr Menschen ohne Maske als mit. Dass einen niemand wegen fehlender Maske ansprach, brauche ich wohl kaum zu erwähnen.

Auffallend ist auch die enorme Herzlichkeit und Freundlichkeit der Menschen. Besonders stark ist diese, wenn man sich zumindest bemüht und sich mit Biegen und Brechen in der Landessprache verständlich machen kann. Im Vergleich zu Kroatien wirkt zumindest der Service in Berlin allzu oft geradezu sowjetisch. Und nicht nur der Service.

Warum ich heute einen Reisebericht im Wochenbriefing bringe, werden Sie nun vielleicht fragen. Weil ich glaube, dass Vergleichen etwas überaus wichtiges ist. Dass wir uns in Deutschland zu leicht an viele Missstände gewöhnt haben. Dass mir Berlin im Vergleich zum früher sozialistischen Kroatien heute geradezu sozialistisch vorkommt, ist ein Treppenwitz der Geschichte.   

Und es ist eine Tragödie.

Die einem aber leider kaum bewusst wird, wenn man nicht über den Tellerrand hinaus blickt.

Insofern gehören Reisen wie meine jetzige nach Kroatien auch zu meiner Arbeit. Urlaub im klassischen Sinne war es leider nicht, weil ich auch unterwegs die meiste Zeit des Tages am Computer verbringen muss. Aber dennoch ist es ein außerordentliches Privileg, das ich sehr schätze und das mich demütig macht: Dass ich bei meiner Arbeit nicht an einen festen Platz gebunden bin und eigentlich von überall aus arbeiten kann. 

Zum Schluss noch kurz etwas zur aktuellen Arbeit. Immer öfter fühle ich mich weniger als Journalist, denn als Chronist von Irrsinn und Niedergang. Eine unschöne Aufgabe. Was mir auffällt: Immer öfter erinnert mich das, was ich in Deutschland erlebe, an Dinge, die ich aus Russland kenne. Und die mich dort schon früher verwundert haben. Intuitiv kommt mir immer wieder der Gedanke, dass Putin und Merkel in ihrer sozialistischen Kaderschule ähnliche Lehrbücher in die Hand bekommen haben müssen. Bei allen Unterschieden zwischen beiden – bei den Methoden gibt es viele Ähnlichkeiten.

Unwillkürlich an meine Zeit in Russland denken musste ich bei der neuesten Nachricht über Geisterstimmen in Berlin: Es gab dort mehr Stimmen als Wähler. Klar, in der Hauptstadt des real existierenden Sozialismus kann so etwas leicht auf Unfähigkeit zurück zu führen sein. Schließlich geht Haltung dort vor Kompetenz und Leistung. Aber ein „Gschmäckle“, wie man in Baden-Württemberg sagen würde, bleibt dennoch. Hier meine Geschichte darüber

Keine Angst – den restlichen Wahnsinn werde ich hier nicht aufzählen. Sonst würde aus dem Wochenbriefing ein Buch. Sie finden die krassesten Beispiele auf meiner Seite. Alle aufzuzählen, dafür ist mein Tag zu kurz und der Wahnsinn in Deutschland inzwischen zu allumfassend.

Umso mehr freut es mich, dass doch so viele Menschen kritisch auf all das blicken – wie auch die Millionen Besucher auf meiner Seite zeigen. Das macht mir Mut!

Ich freue mich auf den geistigen Austausch mit Ihnen und viele neue Treffen auf meiner Seite.

Herzlich
Ihr
Boris Reitschuster  


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